Privatinsolvenz anmelden – Antrag stellen & Bedingungen
Laut einer Auswertung des Statistischen Bundesamtes gab es in Deutschland im vergangenen Jahr knapp 100.000 Insolvenzverfahren. Und obwohl diese Zahl bedingt durch den Rückgang der Arbeitslosigkeit in den letzten Jahren stark gesunken ist, gibt es seit der Corona-Pandemie in dem Segment wieder Aufwind.
Unter anderem hat die bekannte Restaurantkette Vapiano einen Insolvenzantrag gestellt und das Warenhaus Galeria Karstadt Kaufhof hofft, im Rahmen eines Schutzschirmverfahrens gerettet zu werden. Doch betroffen von der Insolvenz sind nicht nur Unternehmen, sondern auch Privatpersonen. Für viele Schuldner ist die Privatinsolvenz sogar der letzte Ausweg aus der Schuldenfalle.
Nach einer Wohlverhaltensperiode sowie einer Restschuldbefreiung gilt der Betroffene als schuldenfrei – das ist jedoch kein einfacher Weg.
Viele Menschen sind sich im Rahmen ihres Antrags auf Privatinsolvenz unsicher über die Möglichkeiten, benötigten Unterlagen sowie die eigenen Rechte.
Fragen zur Privatinsolvenz
- Wer kann Privatinsolvenz anmelden?
- Wo und ab wieviel Schulden meldet man die Privatinsolvenz an?
- Welche Unterlagen benötige ich für die Beantragung einer Privatinsolvenz?
Wer kann Privatinsolvenz anmelden?
Das vereinfachte Insolvenzverfahren können alle Privatpersonen durchlaufen. Dazu gehören auch Rentner, Hausfrauen, Studenten, Beamte und Arbeitslose.
Dieses Recht gilt auch für ausländische Staatsbürger mit Wohnsitz in Deutschland. Für Selbstständige und Freiberufler sowie Unternehmen gelten andere Regel – diese müssen Regelinsolvenz anmelden.
Eine Ausnahme gilt für ehemalige Selbstständige, die folgende Voraussetzungen erfüllen müssen, um auch Privatinsolvenz beantragen zu können:
- Durchschaubare Vermögensverhältnisse – maximal 19 Schuldner
- Keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen – Finanzamt oder Mitarbeiter
Wie viel Schulden um Privatinsolvenz anzumelden?
Nun stellt sich die Frage, ab wie viel € Schulden man Privatinsolvenz beantragen kann. Die Antwort lautet, dass es keine Mindesthöhe gibt, ab der Sie die Privatinsolvenz anmelden müssen.
Bei GmbHs sowie juristischen Personen besteht eine Antragspflicht, die für Privatpersonen nicht gilt. Es liegt also in Ihrem eigenen Ermessen, zu entscheiden, wann Sie die Privatinsolvenz anmelden möchten.
Ein Antrag auf Insolvenz lohnt, wenn es zu einem dieser drei Szenarien kommt:
- Zahlungsunfähigkeit
- Überschuldung
- Drohende Zahlungsunfähigkeit
Kurz gesagt: Wenn Sie die ausstehenden Schulden nicht mehr ohne Hilfe begleichen können und auch sonst keine Alternativen haben, sollten Sie eine Privatinsolvenz in Erwägung ziehen.
Wo melde ich Privatinsolvenz an?
Die Antwort auf die Frage, wo Sie die Privatinsolvenz anmelden, findet sich im Gesetzbuch. Dort steht im dritten Abschnitt: Örtlich zuständig ist […] das Insolvenzgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat.
Privatinsolvenz beim Amtsgericht anmelden
In der Regel fungiert also das lokale Amtsgericht auch als Insolvenzgericht. Dort finden Sie zudem entsprechende Stellen, die Ihnen Unterstützung in Sachen Schuldenfragen bieten.
Wie melde ich eine Privatinsolvenz an?
Nachdem wir die Bedingungen für einen Antrag auf Privatinsolvenz geklärt haben, geht es nun darum, sich an die Arbeit zu machen. Wenn Sie einen Antrag auf Privatinsolvenz gestellt haben, geht es übrigens nicht sofort zum zuständigen Insolvenzgericht.
Zuerst muss ein außergerichtlicher Einigungsversuch mit den Gläubigern eingeleitet werden – im Rahmen dessen müssen Sie einen Plan vorlegen, wie Sie versuchen werden, Ihre Schulden abzubezahlen. Dafür muss zunächst ein Schuldenbereinigungsplan aufgestellt werden, der auf den aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Schuldners basiert.
In solchen Fällen lässt sich eine Privatinsolvenz sogar vermeiden. Wenn sich die Gläubiger mit dem Tilgungsversuch nicht zufrieden geben, muss dies schriftlich bestätigt werden.
Folgende Personengruppen können einen gescheiterten Einigungsversuch bestätigen:
Personengruppen
- Rechtsanwälte
- Notare
- Steuerberater
- Wirtschaftsprüfer
- Schuldnerberatungsstellen
Wenn dies erledigt ist, können Sie mit dem ursprünglichen Vorhaben, dem Antrag auf Insolvenz, fortfahren.
Antrag auf Privatinsolvenz stellen
Der Antrag über den fehlgeschlagenen Einigungsversuch öffnet Ihnen sozusagen das Tor zur Insolvenz. Neben diesem Antrag muss noch eine Reihe weiterer Unterlagen sowie Dokumente eingereicht werden.
Achtung!
Vermögensgegenstände werden aufgelistet! Im Rahmen eines Insolvenzverfahrens wird das komplette Vermögen aufgelistet. Dazu gehört nicht nur das geliebte Auto, sondern jegliches Eigentum, Kunstgegenstände sowie alles, was nicht existenziell wichtig ist.
Eine zentrale Rolle spielen dabei das Restschuldbefreiungsverfahren sowie der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Dies dient dazu, dem Gericht zu bestätigen, dass die finanzielle Situation unzureichend ist, um bestehenden Zahlungspflichten nachzukommen. Beide Dokumente umfassen insgesamt etwa 45 Seiten.
Beachten Sie den Zeitraum der Insolvenzdauer – hierbei handelt es sich um einen langwierigen Prozess, der nicht wenige Monate, sondern in der Regel mehrere Jahre dauert! In der gesamten Zeit werden Sie durch einen staatlich anerkannten Schuldnerberater begleitet, der bei Fragen in Anspruch genommen werden sollte.
Vergewissern Sie sich, dass die Richtigkeit Ihrer Angaben in allen Unterlagen gewährleistet ist! Vorsätzliche Falschangaben sind nicht nur strafbar, sondern bedeuten eventuell, dass die Restschuldbefreiung nicht geltend ist – in diesem Fall wäre das gesamte Verfahren umsonst.
Sie erhalten noch eine Reihe an Ergänzungsblättern, sowie Formulare:
Formulare für den Antrag auf Privatinsolvenz
- Schuldenbereinigungsplan für das Gerichtsverfahren
- Vermögensverzeichnis und -übersicht
- Forderungs- und Gläubigerverzeichnis
- Personalbogen
- Abtretungserklärung
Wie dieser Antrag bereits erahnen lässt, müssen Schuldner beim Insolvenzverfahren ein bürokratisches Verfahren mit sehr vielen Unterlagen und Dokumenten durchlaufen.
Um den Prozess besser zu verstehen und schneller abzuwickeln, empfehlen wir, professionelle Hilfe durch einen Anwalt oder kostenlos durch einen Schuldenberater in Anspruch zu nehmen.
Während der Wohlverhaltensphase sind Anschaffungen sowie Urlaube nur bedingt erlaubt – nämlich nur unter den Umständen, dass Sie dafür keine neuen Schulden machen. Sie können als den unpfändbaren Teil Ihres Einkommens nutzen und damit machen, was Sie möchten.
Zudem müssen Sie folgenden Pflichten nachkommen:
- Beschäftigung oder Nachweis der Bemühung um Beschäftigung
- Wohnsitz- oder Arbeitsplatzwechsel melden
- Keine selbstständigen Zahlungen an Gläubiger
- Im Falle einer Erbschaft die Hälfte an Treuhänder abgeben
- Keine neuen finanziellen Verpflichtungen eingehen
Häufig gestellte Fragen zur Privatinsolvenz
Wer kann Privatinsolvenz beantragen?
Jede natürliche Person kann die Privatinsolvenz beantragen – also auch Rentner, Studenten, Hausfrauen, Beamte und Arbeitslose. Für Selbstständige, Freiberufler und Unternehmer gelten andere Regeln, diese müssen die Regelinsolvenz beantragen.
Was sind die Voraussetzungen für die Privatinsolvenz?
Sie müssen zahlungsunfähig sein und Schulden haben, die nicht bezahlt werden können. Außerdem muss ihr Lebensmittelpunkt in Deutschland sein und Sie dürfen keine selbstständige Tätigkeit ausüben. Wenn Sie früher selbstständig waren, dürfen Sie aus dieser Tätigkeit maximal 19 Gläubiger haben.
Wie ist der Ablauf bei einer Privatinsolvenz?
Erstmal gibt es eine außergerichtliche Schuldenbereinigung, bei der Sie versuchen, sich mit den Gläubigern zu einigen. Danach wird das Insolvenzverfahren eröffnet und Ihr Vermögen verwertet. Den größten Anteil bildet die Wohlverhaltensphase, die nach Ablauf von drei bis sechs Jahren mit der Restschuldbefreiung endet.
Wie oft kann man Privatinsolvenz beantragen?
Theoretisch können Sie unbegrenzt Privatinsolvenz beantragen.
Wie lange dauert das Insolvenzverfahren?
Das Insolvenzverfahren kann nach drei bis fünf Jahren abgeschlossen werden. Das aber nur unter der Voraussetzung, dass Sie 35 % der Verfahrenskosten und ausstehenden Forderungen zahlen. Ansonsten dauert das Insolvenzverfahren sechs Jahre.
Wie lange bleibt mein Name nach der Privatinsolvenz noch in der Schufa?
Nach der Erteilung der Restschuldbefreiung erhalten Sie einen Erledigungsvermerk. Der Eintrag wird in der Schufa aber erst drei Jahre nach Ablauf der Privatinsolvenz gelöscht.
Wie hoch ist der Selbstbehalt bei der Privatinsolvenz?
Die allgemeine Pfändungsgrenze liegt stand 2020 bei 1.179,99 EUR. Bis zu diesem Betrag dürfen Sie also Ihr Einkommen behalten. Bei unterhaltspflichtigen Personen – also Kindern oder Ehepartnern die Geringverdiener sind – erhöht sich dieser Betrag.
Am Ende einer langen Reise, die mit Sicherheit keine einfache war, steht für die meisten Schuldner die Erlösung – die Restschuldbefreiung.
Eine Restschuldbefreiung ist nach mindestens drei und maximal sechs Jahren ab Beginn des Insolvenzverfahrens möglich und bedeutet, dass das Gericht jegliche Schulden erlassen hat, die der Schuldner nicht tilgen konnte.
Fazit
Für viele Menschen ist es keine einfache Entscheidung, einen Antrag auf Privatinsolvenz zu stellen. In zahlreichen Fällen ist es aber die einzige Möglichkeit, sich von offenen Schulden zu befreien.
Das Verfahren dauert zwischen drei und sechs Jahre und erfordert von Ihnen eine hohe Disziplin und Moral. Doch das Resultat – nämlich ein schuldenfreier Neuanfang – ist es wert.