Eine Erbschaft stellt in erster Linie einen großen persönlichen Verlust für den Erben bzw. die Erben dar.
Trotzdem neigen viele Menschen dazu, bei erbschaftsbezogenen Fragen häufig nur das ideale Szenario vor Augen zu haben: geheime Sparanlagen in Millionenhöhe, Luxusimmobilien sowie Wertpapiere und sonstige werttragende Gegenstände.
Neben allen Wertgegenständen werden allerdings auch alle offenen finanziellen Verpflichtungen der verstorbenen Person geerbt. Dies bedeutet, dass Sie auch Schulden erben können.
Erbe ausschlagen: Das Wichtigste im Überblick
- Das Erbrecht schriebt vor, dass niemand dazu verpflichtet ist, eine Erbschaft anzutreten. Falls die Erbschaft überschuldet ist, können Sie jederzeit und ohne Begründung das Erbe ausschlagen.
- Bei der Erbausschlagung muss vor allem die sechswöchige Frist beachtet werden, innerhalb der Sie Ihre Entscheidung treffen müssen. Bei nahen Verwandten ist hierbei Vorsicht geboten: Das zuständige Nachlassgericht muss in diesem Fall nicht offiziell bekanntgeben, wann die Frist beginnt.
- Wenn Sie ein überschuldetes Erbe annehmen, haften Sie gegenüber den Gläubigern mit Ihrem ganzen Privatvermögen. Indem Sie eine Nachlassverwaltung oder ein Nachlassinsolvenzverfahren beantragen, können Sie Ihre Haftung allerdings nur auf das vorhandene Vermögen beschränken.
Kann man Schulden erben?
Die Antwort auf diese Fragen ist klar und eindeutig: Ja, Schulden können samt allen andere Wertgegenständen geerbt werden.
Statistiken zufolge sind erbschaftsbezogene Fragen ebenfalls immer häufiger im deutschen Alltag vertreten.
Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Zusammenarbeit mit der Universität Vechta und dem Deutschen Zentrum für Altersfragen (DZA) haben in den letzten 15 Jahren etwa 10 % aller erwachsenen Personen in Deutschland einen bedeutenderen Geldbetrag geerbt.
Statista prognostiziert, dass sich das Erbschaftsvolumen in Deutschland in den Jahren von 2015 bis 2024 auf unglaubliche 3 Billionen Euro belaufen könnte. Bei dieser Summe handelt es sich um sogar 85 % des nominalen Bruttoinlandsprodukts der Bundesrepublik Deutschland.
Welche Schulden sind vererbbar?
Alle Arten von offenen Verbindlichkeiten und Rechnungen können geerbt werden. Zu den häufigsten gehören allerdings:
- Kredite und sonstige offenen Rechnungen
- Steuerschulden beim Finanzamt
- Miet- und Unterhaltsschulden
- Überziehung des Girokontos
Grundsätzlich gilt also, dass mit dem Tod des Kreditnehmers die Schulden auch nach dem Tod weiter bestehen. Das Erbe umfasst, wie bereits erwähnt, nicht nur das Vermögen des Verstorbenen, sondern auch alle vorhandenen Kredite bzw. Schulden.
Wer sich also entscheidet zu erben, der erbt alles. Das Erbrecht sieht aber vor, dass niemand dazu verpflichtet ist, das Erbe anzutreten.
So schlagen Sie ein Erbe aus
Wenn Sie ein Erbe ausschlagen möchten, ist Folgendes besonders zu beachten:
1. Fristen
Falls Sie das Erbe ausschlagen möchten, ist eine gesetzlich festgelegte Frist mit einer Dauer von 6 Wochen zu beachten.
Diese sechswöchige Frist beginnt, sobald die Nachfolger wissen, dass sie erbberechtigt sind. Bei der Frist für die Erbausschlagung ist allerdings Vorsicht geboten:
Im Falle, dass der Hinterbliebene im nahem Verwandtschaftsverhältnis zur verstorbenen Person steht und er somit in der Regel bereits Beschied weiß, dass er erbberechtigt ist, muss das zuständige Nachlassgericht dies nicht offiziell verkünden. Das Nachlassgericht ist somit nicht in der Bringschuld und die Frist für den Erbausschlag beginnt bereits am selben Tag, an dem der Erblasser gestorben ist.
Erben werden nur in 2 Fällen offiziell angeschrieben. Einerseits wenn die gesetzlich gesehen vorangestellten Erben die Erbschaft abgelehnt haben und Sie somit in der Erbreihenfolge als Erbe nachrücken und andererseits wenn ein Testament vorhanden ist. In diesem Fall beginnt die Frist erst nach der Testamentseröffnung seitens des Nachlassgerichts (gemäß § 348 des FamFG).
Im Falle, dass es sich beim Verstorbenen um einen deutschen Staatsbürger mit einem Wohnsitz im Ausland handelt, gelten hierbei etwas lockerere Vorschriften. In diesem Fall verlängert sich die Frist für die Erbausschlagung auf 6 Monate (gemäß § 1944 BGB)und als offizieller Ansprechpartner gilt das Amtsgericht Berlin-Schöneberg.
Schulden erben: Was ist die Schonfrist?
Falls Sie sich dazu entschieden haben, die Schulden zu erben, müssen Sie nicht gleich für die Schulden des Erblassers aufkommen.
Gemäß § 2014 BGB existiert eine Schonfrist mit einer Dauer von 3 Monaten, innerhalb der die Gläubiger die bestehenden Schulden nicht einfordern dürfen. Erst nach dem Ablauf dieser Schonfrist müssen Sie auf alle offenen Forderungen eingehen.
2. Form und Inhalt
Wenn Sie ein Erbe ablehnen, müssen natürlich einige formbezogene Vorschriften beachtet werden. Alles diesbezüglich muss beim dafür zuständigen Nachlassgericht innerhalb der gesetzlich festgelegten Frist geklärt werden.
Als Nachlassgericht gilt das Amtsgericht, das für den Bezirk zuständig ist, in dem der Verstorbene seinen letzten Wohnsitz hatte.
Gemäß § 1945 BGB gibt es 2 Möglichkeiten, wie Sie die Ausschlagung einer Erbschaft gegenüber dem Nachlassgericht erklären können:
Einerseits können Sie die Erklärung in öffentlich beglaubigter Form abgeben. Dies bedeutet, dass Sie die Mitteilung selbst erstellen und Ihre Unterschrift einfach von einem Notar beglaubigen lassen. In diesem Fall müssen jedoch auch die Notarkosten zu den Gesamtkosten dazugerechnet werden.
Andererseits können Sie Ihre Erklärung zur Niederschrift des Nachlassgerichts abgeben, die nach den Vorschriften des Beurkundungsgesetzes errichtet wird. In diesem Fall müssen Sie persönlich zum zuständigen Gericht gehen.
Was den Inhalt Ihrer Erklärung angeht, gibt es diesbezüglich keine gesetzlich festgelegten Vorschriften.
Obwohl Sie keinen genauen Grund für den Erbausschlag anführen müssen, wird es trotzdem empfohlen, dies zu machen. Geben Sie einfach an, dass die Erbschaft überwiegend aus Schulden besteht und dass Sie aus diesem Grund die Erbschaft ablehnen möchten.
3. Kosten
Was die Kosten einer Erbausschlagung angeht, ist alles diesbezüglich im sogenannten Gesetz über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare festgehalten.
Gemäß § 103 GNotKG gilt hinsichtlich Kosten die folgende Vorschrift: Je höher der Wert der Erbschaft, umso höher sind die Kosten, die für die Ausschlagung einer Erbschaft beim Nachlassgericht anfallen.
Die Mindestkosten belaufen sich gemäß § 34 GNotKG und unabhängig von der Erbschaftshöhe auf 15 Euro. In der folgenden Tabelle wird dargestellt, wie die Kosten für die Ausschlagung überhaupt berechnet werden:
Wer zahlt die Bestattungskosten im Falle der Erbausschlagung?
Wenn Sie das Erbe ausschlagen, bedeutet dies nicht unbedingt, dass Sie dadurch automatisch die Bestattungskosten losgeworden sind.
Folgende Szenarien sind hinsichtlich der Bestattungskosten bei dem Erbausschlag möglich:
- Im Falle, dass Sie als Teil einer Erbgemeinschaft eine Erbschaft abgelehnt haben, tragen in der Regel diejenigen Erben die Kosten der Bestattung, die die Erbschaft angetreten sind.
- Falls keine der erbberechtigten Personen die Schulden erben möchte und aus diesem Grund die Erbschaft von allen potenziellen Erben ausgeschlagen wurde, geht die Erbschaft auf den Staat über.
Dies bedeutet allerdings nicht, dass der Staat für die Bestattungskosten aufkommen muss. Falls die Erbschaft nicht ausreicht, um die Kosten der Beerdigung zu decken, kann der Staat die erbberechtigten Personen trotzdem zur Zahlung auffordern.
Dabei beruft sich der Staat auf das Bestattungsgesetz des jeweiligen Bundeslandes. Grundsätzlich basieren die Bestattungsgesetze auf der gesetzlichen Erbreihenfolge, sodass trotz Erbausschlagung in der Regel die unterhaltspflichtigen Angehörigen (Ehepartner, Kinder, Großeltern) für die Bestattungskosten aufkommen werden müssen.
4. Anfechtung der angenommenen Erbschaft
Wenn Sie die Erbschaft bereits angetreten sind, wird es äußerst schwierig, um vom Erbe doch noch zurückzutreten. Dasselbe gilt gemäß § 1956 BGB ebenfalls für die Versäumung der Ausschlagungsfrist.
Allerdings ist ist es gemäß § 1957 BGB unter Umständen trotzdem möglich, Ihren Erbantritt anzufechten. In diesem Fall werden Sie einen guten Rechtsanwalt beauftragen müssen, was natürlich zusätzliche Kosten mit sich bringt.
Welchen Anfechtungsgrund Sie hierbei anführen werden, ist vollkommen Ihnen überlassen. Sie können beispielsweise angeben, dass Sie nicht über die sechswöchige Ausschlagungsfrist informiert wurden oder dass Sie beim Erbantritt von den angehäuften Schulden des Verstorbenen nichts wussten.
Allerdings muss noch einmal hervorgehoben werden, dass nur wenige Anfechtungsversuche erfolgreich waren.
Dementsprechend soll eine Erbschaft nie angenommen werden, bevor Sie die finanzielle Situation des Verstorbenen gründlich unter die Lupe genommen haben. Ansonsten kann es einfach geschehen, dass Sie zusammen mit dem hinterbliebenen Vermögen des Verstorbenen auch seine Schulden erben.
5. Anfechtung der Erbausschlagung
Häufig ist es auch dazu gekommen, das eine erbberechtigte Person ein Erbe ausgeschlagen hat und erst später herausgefunden hat, dass die Schulden des Verstorbenen deutlich niedriger als gedacht waren oder dass noch zusätzliche Wertgegenstände zum Gesamtvermögen gehörten.
In Ausnahmefällen kann es auch hierbei zur Anfechtung Ihrer erstmaligen Entscheidung kommen. Es existieren keine klare Grenzen, die besagen, wann Sie eine Erbausschlagung anfechten können und wann nicht.
Allerdings werden Sie einen guten Anfechtungsgrund angeben müssen, um überhaupt eine Chance zu bekommen. Somit werden Sie auch bei dieser Rechtsangelegenheit auf die Hilfe eines erfahrenen Rechtsanwalt angewiesen sein.
Über eine erfolgreiche Anfechtung können Sie im Beschluss des Oberlandesgerichtes Düsseldorf aus dem Jahr 2020 lesen. In diesem Fall hat das Gericht eine Entscheidung zugunsten des Erben gefällt, weil die Erbausschlagung von einer anderen Behörde empfohlen wurde.
Falls die Ausschlagung der Erbschaft als anfechtbar eingestuft wird, wird dem Erben gemäß § 1954 BGB eine Frist mit einer Dauer von 6 Wochen zur Verfügung gestellt, um seinen Fehler wieder rückgängig zu machen.
Falls bereits mehr als 30 Jahre seit der Ausschlaung verstrichen sind, sind Anfechtungen jeder Art ausgeschlossen. Dasselbe gilt auch für Anfechtung einer Erbschaftsannahme.
So können Sie herausfinden, ob Sie Schulden erben
Um herausfinden, ob Sie Schulden erben bzw. ob die verstorbene Person vor dem Tod unbezahlte Forderungen hatte, können mehrere Schritte vorgenommen werden.
Vor allem wenn von Bankkonten die Rede ist, werden Sie bei der Bank ein Zeugnis über Ihr Erbrecht vorlegen müssen, um einen unmittelbaren Zugriff auf die gewünschten Konten erhalten zu können.
Folgendes könnte Ihnen dabei helfen, sich einen besseren Überblick über das Privatvermögen des Verstorbenen zu verschaffen:
1. Erbschein
Beim Erbschein handelt es sich um ein vom Nachlassgericht ausgestelltes Zeugnis, in dem definiert ist, wer der Erbe bzw. die Erben sind und wie die Erbschaft überhaupt aufgeteilt ist. Dies ist gemäß § 2353 BGB vorgeschrieben.
Als Nachlassgericht gilt, wie bereits erwähnt, jeweils das Amtsgericht, in dessen Nähe die verstorbene Person ihren letzten Wohnsitz hatte. Unter folgendem Link können Sie sich einfach über die örtlich zuständige Gerichte für einen Ort in Deutschland informieren.
Beim Erbschein ist jedoch große Vorsicht geboten: Wenn Sie sich beim dafür zuständigen Amtsgericht einen Erbschein erstellen lassen und diesen bei der Bank des Verstorbenen vorlegen, treten Sie automatisch das Erbe an. Danach ist in der Regel keine Erbausschlagung mehr möglich.
Um den Erben hierbei größeren Schutz zu gewährleisten, hat der Bundesgerichtshof bereits im Jahr 2005 (07. Juni 2005, Az: XI ZR 311/04) entschieden, dass Finanzinstitute nicht mehr ausschließlich den Erbschein verlangen dürfen, da sie dadurch die potenziellen Erben quasi in eine Falle locken.
Falls von Ihnen als Erben trotzdem die Vorlage eines Erbscheins verlangt wird, obwohl Sie eine andere Form des gesetzlich geltenden Zeugnisses vorlegen können, können Sie sich jederzeit auf das Urteil des Bundesgerichtshofs berufen.
2. Vollmacht
Die Vollmacht gilt als die einfachste Möglichkeit, um sich den Zugriff auf das Bankkonto bzw. die Bankkonten des Verstorbenen zu verschaffen.
Dies muss allerdings zu Lebzeiten der verstorbenen Person geregelt werden, was im Falle des frühen oder unerwarteten Todes selten der Fall ist.
Mit einer Kontovollmacht können die Bankgeschäfte einfach an eine weitere Vertrauensperson übergeben werden, während mit einer Vorsorgevollmacht noch einen Schritt weiter gegangen wird und der Vertrauensperson noch zusätzliche Rechte erteilt werden.
In beiden Fällen werden Sie beim Finanzinstitut keinen Erbschein vorlegen müssen.
3. Testament
Auch wenn Sie als Erbe ein schriftliches Testament vorlegen können, werden Sie keinen Erbschein benötigen, um eine detaillierte Einsicht in die Bankgeschäfte des Verstorbenen zu erhalten.
Ein Erblasser kann entweder selbst oder zusammen mit einer weiteren Person bestimmen, wie das Vermögen nach seinem Tod aufgeteilt wird. Dieses Recht wird als Testierfreiheit bezeichnet.
Dies bedeutet, dass der Erblasser ohne Begründung von der gesetzlichen Erbreihenfolge abweichen darf. Dies ist im Art 14 GG schriftlich festgehalten.
Beim Testament ist ebenfalls Vorsicht geraten: Gemäß §2247 und §2267 BGB ist ein Testament nur dann ohne notarielle Beglaubigung gültig, wenn die verstorbene Person das Testament eigenhändig und in schriftlicher Form aufgefasst hat.
Im Falle, dass Sie über ein Testament in ausgedruckter Form verfügen, ist eine notarielle Beglaubigung erforderlich.
4. Recherche in Eigenregie
Erben, die keinen Zugang zu den Bankkonten haben und sich somit keinen realen Überblick über die finanzielle Situation des Verstorbenen verschaffen können, wird es geraten, eine Selbstrecherche durchzuführen.
Um herauszufinden, ob Sie Schulden erben, können unterschiedliche Schritte vorgenommen werden.
Sie können sich einerseits (1) direkt bei Verwandten, Freunden oder Nachbarn darüber erkundigen, wie der Verstorbene gelebt hat. Andererseits (2) können Sie, falls Sie den Zugang zur Wohnung des Verstorbenen haben, die Wohnung durchstöbern, um Hinweise in Form von alten Rechnungen oder Bankauszügen aufzufinden.
Auch im Falle, dass die der gesetzlichen Erbreihenfolge vorangestellten Erben das Erbe bereits ausgeschlagen haben, könnte dies ebenfalls ein Indiz dafür sein, dass es sich nicht auszahlt, die Schulden zu erben.
Financer Tipps
- Erstellen Sie eine Liste mit Vermögen, Immobilien, Wertgegenständen und möglichen Kosten und prüfen Sie die Schulden bzw. die Kredithöhe des Verstorbenen. Wenn sich nach der Kalkulation ein Minus ergibt, lohnt es sich definitiv, das Erbe auszuschlagen.
- Eine Sache muss hierbei besonders beachtet werden: Sie können entweder das gesamte Erbe antreten oder das gesamte Erbe ablehnen. Somit ist es beispielsweise nicht erlaubt, eine Immobilie anzunehmen und gleichzeitig Schulden und laufende Kreditverpflichtungen abzulehnen.
Gesetzliche Erbreihenfolge oder Testament: Wer erbt die Schulden?
Wer genau als Erbe antritt, hängt davon ab, ob die verstorbene Person zu ihrem Leben ein Testament erstellt hat oder nicht.
Laut einer Umfrage der Deutschen Bank aus dem Jahr 2018 haben etwa 40 % aller Deutschen ein Testament erstellt, sodass die gesetzliche Erbreihenfolge immer noch häufiger bei der Bestimmung der Erben zum Einsatz kommt.
Im Falle, dass die Ehepartner den Nachlass bereits im Voraus testamentarisch geregelt haben, gilt in der Regel der übriggebliebene Elternteil als Alleinerbe.
Grundsätzlich gilt, dass die Kinder erst dann von der testamentarischen Erbfolge betroffen sind, wenn der letzte Elternteil stirbt. Dies wird mithilfe des sogenannten Berliner Testaments geregelt.
Wenn ein Testament vorhanden ist, aber der darin angeführte Erbe die Erbschaft aufgrund angehäufter Schulden abgeschlagen hat, erfolgt die Nachlassverteilung nach der gesetzlich festgelegten Erbreihenfolge.
Wenn Sie ein Erbe ausschlagen, wird gemäß § 1953 BGB eine weitere Person zum Erben. Die gesetzliche Erbreihenfolge in Deutschland ist folgendermaßen strukturiert:
Im Unterschied zur testamentarischen Erbfolge bilden bei der gesetzlichen Erbfolge der längerlebende Elternteil und dessen Kinder eine sogenannte Erbgemeinschaft, womit alle im selben Maße für die Schulden des verstorbenen Elternteils haften.
In diesem Fall ist ebenfalls Vorsicht geboten:
Gemäß § 1643 BGB müssen Eltern, die der gesetzlichen Erbreihenfolge zufolge mit ihren Kindern eine Erbgemeinschaft bilden und alle gemeinsam das Erbe ausschlagen möchten, für ihre Kinder eine Genehmigung des Familiengerichts (gemäß § 23b GVG) einholen.
Dies gilt ebenfalls für ungeborene Kinder, da sie bei erbschaftsbezogenen Fragen dem Gesetzt zufolge als “bereits geboren” geführt werden.
Bei der testamentarischen Erbreihenfolge können volljährige Erben hingegen selbst das Erbe ablehnen, wobei bei minderjährigen Erben weiterhin ein Bedarf an einer Genehmigung für den Erbausschlag besteht. Diese müssen die gesetzlichen Vertreter wiedermal beim Familiengericht einholen.
Hierbei ist allerdings eine Ausnahme möglich: Falls ein Testament vorhanden ist und der übrig gebliebene Elternteil das Erbe ausschlägt, kann er direkt beim Notar einen Antrag auf Erbausschlagung für die eigenen minderjährigen Kinder stellen. In diesem Fall wird keine Genehmigung des Familiengerichts benötigt.
Was passiert, wenn alle Erben das Erbe ausschlagen?
Falls niemand als Erbe antreten möchte, landet das Erbe samt allen Schulden schließlich beim Staat. Der Staat nimmt dann die Erbschaft des Verstorbenen unter die Lupe und entscheiden am Ende, welche Schritte sie vornehmen werden.
Hierbei sind mehrere Szenarien möglich: Während der Staat einen Teil der Schulden übernehmen kann, kann der Staat gleichzeitig auch die Schulden bzw. das Erbe ablehnen, sodass die Gläubiger am Ende trotzdem leer ausgehen.
Wann ist es sinnvoll, ein Erbe auszuschlagen?
Wie bereits erwähnt, hat jeder Erbe das Recht, den Nachlass der verstorbenen Person auszuschlagen, ohne einen genauen Grund angeben zu müssen. Dies ist samt sämtlichen anderen Regelungen und Voraussetzungen im Erbrecht schriftlich festgehalten.
Wann es sinnvoll ist, ein Erbe nicht anzutreten, muss jeder Erbe schließlich selbst abwägen. In folgenden Beispielssituationen lohnt es sich, das Erbe auszuschlagen:
1. Überschuldung des Nachlasses
Im schlechtesten Fall besteht die Hinterlassenschaft des Verstorbenen ausschließlich aus Schulden, sodass es sich in diesem Fall keineswegs auszahlt, die Schulden des Verstorbenen zu erben.
Da Sie als potenzieller Erbe gegenüber den Gläubigern mit Ihrem ganzen Privatvermögen haften, könnten Sie durch den Erbantritt nur in unnötige finanzielle Schwierigkeiten geraten.
2. Investitionsbedürftige Immobilien
Ein Haus zu erben ist nicht schlecht, aber auch nicht vorteilhaft, wenn es sich um eine sanierungspflichtige Immobilie handelt. Die Kosten für eine Modernisierung oder ein neues Dach sind für viele Menschen nicht zu stemmen.
Was Sie mit der Immobilie machen werden, hängt größtenteils von Ihrer finanziellen Situation ab: Sie können die Immobilien erben und vermieten, selbst in die Immobilie einziehen oder die Immobilien verkaufen, wofür Sie aber erst einen Abnehmer finden werden müssen.
Falls die Erbschaft einer Immobilie Ihre persönlichen Finanzen nur noch zusätzlich durcheinanderbringen würde, wird es stark davon abgeraten, diese Immobilie zu erben.
3. Überschuldung des Erben
Auch wenn Sie als Erbe selbst überschuldet sind und dazu noch das Erbe hauptsächlich aus angehäuften Schulden besteht, macht es logischerweise keinen Sinn, Ihren Schuldbetrag zu erhöhen.
Wenn Sie durch den Erbantritt in potenziell nur noch größere finanzielle Schwierigkeiten geraten würden, ist es sinnvoll, das Erbe abzulehnen und es an den nächsten Erben in der Reihenfolge weiterzugeben.
Im Idealfall könnte der Erbantritt allerdings die perfekte Chance für einen Neuanfang sein: Auch im Falle, dass Ihnen, nachdem Sie alle Ihre persönlichen Schulden beglichen haben, von der Erbschaft nichts übrig bliebt, hat es sich jedenfalls gelohnt, die Erbschaft anzunehmen.
4. Privatinsolvenz des Erben
Im Falle, dass Sie die Privatinsolvenz angemeldet haben, gibt es hinsichtlich Erbe und Schulden eine Sonderregelung zu beachten: Gemäß § 295 Absatz 1 InsO fällt die Hälfte des Erbes in diesem Fall direkt Ihrem Insolvenzverwalter zu.
Wenn Sie das nicht wünschen, können Sie die Erbschaft ablehnen und somit vielleicht der nächsten Person in der Erbreihenfolge ermöglichen, mehr von der Erbschaft zu machen.
Alternativen zur Erbausschlagung
Eine Erbschaft abzulehnen, ist allerdings nicht die einzige Möglichkeit, um sich vor einer überschuldeten Erbschaft zu schützen.
Mithilfe einer Haftungsbeschränkung (auch Haftungsklausel oder Haftungsausschluss genannt) können Sie gemäß § 1975 BGB sicherstellen, dass Sie im Gegensatz zur Erbausschlagung für die Schulden des Verstorbenen nicht mir Ihrem gesamten Privatvermögen haften.
In diesem Fall fallen dann auch etwas höhere Kosten an. Einen Antrag können Sie einfach bei einem für Ihre Erbschaft zuständigen Nachlassgericht stellen.
Dadurch können Sie in erster Linie bewirken, dass Sie trotz bestehenden Schulden doch noch einen Teil der Erbschaft ausgezahlt erhalten. Sollte sich herausstellen, dass das verfügbare Vermögen nicht ausreicht, um die entstandenen Kosten zu decken, können Sie sich auch in diesem Fall gegen die Gläubiger absichern.
Nachdem, dass Gericht feststellt, dass es sich um eine überschuldete Erbschaft handelt, wird eine schriftliche Gerichtsentscheidung erstellt, die Sie dann den Gläubigern vorlegen können. Für gerichtliche Kosten werden Sie allerdings selbst aufkommen müssen.
Als 2 sinnvolle Alternativen zur Ausschlagung einer Erbschaft gelten:
Nachlassverwaltung
Bei der Nachlassverwaltung handelt es sich um einen Prozess, bei dem Sie als Erbe beim zuständigen Gericht einen Antrag auf die Erteilung eines persönlichen Nachlassverwalters stellen, der Ihnen dabei hilft, die gesamte Erbschaft zu ordnen.
Die bestehenden Schulden werden aus dem vorhandenen Vermögen des Verstorbenen beglichen und das, was potenziell übrig bleibt, wird dann Ihnen zugeschrieben.
Die Nachlassverwaltung können Sie einerseits (1) während der sechswöchigen Abschlagungsfrist und andererseits (2) nach dem Erbantritt beantragen:
Falls die Erbschaft unübersichtlich ist bzw. Sie nicht wissen, ob die Erbschaft überwiegend aus Schulden besteht, können Sie einen entsprechenden Antrag stellen, noch bevor Sie entscheiden, ob Sie das Erbe annehmen oder nicht.
Haben Sie das Erbe bereits angenommen und sich nach einiger Zeit feststellt, dass das Vermögen überschuldet ist, können Sie wieder zur Nachlassverwaltung greifen. Die Frist für eine Nachlassverwaltung beträgt in diesem Fall 2 Jahre.
Was die Kosten einer Nachlassverwaltung angeht, können keine genauen Angaben angeführt werden. Um Ihnen einen ungefähren Überblick zu verschaffen, berufen wir uns auf den Tarif der Rechtsanwaltskanzlei Voegele:
Bei nachlassbezogenen Rechtsfällen beläuft sich die Vergütung je nach Fachkenntnissen des Verwalters sowie dem Umfang der Nachlasspflegschaft zwischen 19,50 und 33,50 Euro pro Stunde.
Falls die Anwälte direkt vom Nachlassgericht engagiert werden, ist die Vergütung meistens eine Sache der Absprache zwischen den zwei Seiten. Die Vergütungsregelung gemäß § 3 VBVG (bis zu 39 Euro pro Stunde) ist ebenfalls möglich.
Eine Pauschalvergütung ist ebenfalls eine Möglichkeit. Hierbei betragen die Kosten einer Nachlassverwaltung laut der Rechtsanwaltskanzlei zwischen 2 und 6 % des Aktivnachlasses.
Nachlassinsolvenzverfahren
Vom sogenannten Nachlassinsolvenzverfahren können Sie ausschließlich dann Gebrauch machen, wenn Sie die Erbschaft bereits angenommen haben.
Gemäß § 1980 BGB kann jeder Erbe, der ein Erbe bereits angetreten ist, und erst später herausfindet, dass es überschuldet ist, eine Nachlassinsolvenz beantragen.
Das Gerichtsverfahren ist aufwendig, aufgrund dessen die Kosten auch deutlicher höher ausfallen können als bei einer Nachlassverwaltung.
Gemäß § 325 InsO ist für das Verfahren das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte. Welches Insolvenzgericht für Ihren Fall zuständig sein würde, können Sie unter folgendem Link auffinden.
Fazit: Was muss bei der Ausschlagung einer Erbschaft beachtet werden?
Da viele Informationen angegeben wurden, wird das Wichtigste noch einmal in 4 kurzen Punkten zusammengefasst:
Samt allen Vermögensgegenständen können natürlich auch die offenen Schulden des Verstorbenen geerbt werden. Das Erbrecht der Bundesrepublik Deutschland schriebt allerdings vor, dass niemand dazu verpflichtet ist, ein Erbe anzunehmen.
Jede erbberechtigte Person kann das Erbe ausschlagen und es somit an die folgende Person in der Erbreihenfolge weitergeben. Als Schulden gelten nicht nur Kredite und andere offenen Rechnungen, sondern auch Steuer- sowie Miet- und Unterhaltsschulden.
Falls Sie herausfinden wollen, ob das Erbe aus Schulden besteht, können unterschiedliche Schritte vorgenommen werden: Sie können sich beim Nachlassgericht einen Erbschein erstellen lassen und dadurch Zugriff auf die Bankkonten des Verstorbenen erhalten.
Falls ein Testament vorhanden ist oder Sie eine Vollmacht vorlegen können, erhalten Sie auch ohne Erbschein den unmittelbaren Zugang zu den Bannkonten des Verstorbenen. Eine Selbstrecherche ist ebenfalls zu empfehlen.
In welcher Reihenfolge geerbt wird, hängt davon ab, ob ein Testament vorhanden ist oder nicht. Aufgrund der Testierfreiheit kann jeder Erblasser selbst bestimmen, wer als Erbe antritt. Hinsichtlich der gesetzlichen Erbreihenfolgen gelten in der Regel der länger lebende Ehepartner und die Kinder als die ersten Erben in der Hierarchie.
Falls keiner der Erben das Vermögen bzw. die Schulden erben möchte, landet die Erbschaft schließlich beim Staat.
Bei der Erbausschlagung sind die sechswöchige Ausschlagungsfrist sowie die Formwirksamkeit des Antragsbesonders zu beachten. Nachdem Sie ein Erbe ausschlagen bzw. ein Erbe annehmen, wird es schwierig, Ihre Entscheidung wieder rückgängig zu machen.
Die Kosten einer Ausschlagung hängen von der Erbschaftshöhe ab. Als sinnvolle Alternativen zur Erbausschlagung gelten die Nachlassverwaltung und die Nachlassinsolvenz.
Financer Tipps
- Bei erbschaftsbezogenen Fragen ist schnelles Handeln erforderlich. 6 Wochen ist ein relativ kurzer Zeitraum, den Sie aber im höchstmöglichen Maße ausnutzen sollten.
- Wenn es muss, nutzen Sie den gesamten zur Verfügung gestellten Zeitraum, um die finanzielle Situation sowie die möglichen Schulden des Verstorbenen unter die Lupe zu nehmen. Denn nur so können Sie herausfinden, ob Sie Schulden erben oder nicht.
- Falls Sie einen Rechtsanwalt engagieren wollen, machen Sie dies so früh wie möglich, da die Beratung ebenfalls innerhalb dieser sechswöchigen Frist stattfinden muss.
Häufig gestellte Fragen zur Erbausschlagung
Was passiert mit Schulden nach dem Tod?
Nach dem Tod bleiben die Schulden des Verstorbenen weiterhin bestehen. Mithilfe eines Testaments kann bereits zu Leben des Erblassers geklärt werden, wer als Erbe antritt.
Falls kein Testament vorhanden ist, werden die Erben nach der gesetzlichen Erbreihenfolge bestimmt. Das Erbrecht schriebt jedoch vor, dass niemand dazu verpflichtet ist, eine Erbschaft anzunehmen.
Falls alle erbberechtigten Personen das Erbe ausschlagen und niemand mehr als Erbe antreten kann, landet das Vermögen samt allen Schulden beim Staat. In diesem Fall gehen die Gläubiger häufig leer davon.
Können Schulden vererbt werden?
Ja, Schulden können vererbt werden. Aus diesem Grund ist es erforderlich, bevor Sie als Erbe antreten, sich über die finanzielle Situation des Verstorbenen gründlich zu erkundigen.
Im Falle, dass Sie ein Erbe annehmen, haften Sie mit ihrem gesamten Privatvermögen für die Schulden der verstorbenen Person. Wenn Sie erst später herausfinden, dass das Vermögen hauptsächlich aus Schulden besteht, können Sie versuchen, Ihre Entscheidung anzufechten.
Allerdings wurden nur wenige Anfechtungsurteile zugunsten des Antragstellers gefällt. In diesem Fall sind Sie auf die Hilfe eines erfahrenen Rechtsanwalts angewiesen.
Mithilfe einer Nachlassverwaltung bzw. eines Nachlassinsolvenzverfahrens können Sie Ihre Haftung ausschließlich auf die Erbschaft beschränken. Hierbei muss allerdings von deutlich höheren Kosten ausgegangen werden.
Muss man die Schulden der Eltern übernehmen?
Die Schulden der Eltern müssen nicht übernommen werden. Da das Erbrecht der Bundesrepublik Deutschland vorschreibt, dass niemand als Erbe antreten muss, können Sie, ohne einen genauen Grund angeben zu müssen, das Erbe ausschlagen.
Falls die Kinder volljährig sind, können sie in der Regel auch alleine das Erbe ablehnen. Etwas komplexer wird die Situation, wenn von minderjährigen Kindern die Rede ist.
In diesem Fall muss der länger lebende Elternteil oder ein anderer gesetzlicher Vertreter eine Genehmigung für die Erbausschlagung beim dafür zuständigen Familiengericht einholen.
Je nachdem, ob ein Testament vorhanden ist oder nicht, können diesbezüglich auch einige Ausnahmen möglich sein.
Wer erbt, wenn ein Ehepartner stirbt?
Wer erbt, wenn ein Ehepartner stirbt, hängt davon ab, ob zu Leben des verstorbenen Ehepartners ein Testament erstellt wurde oder nicht.
In diesem Fall gilt der übriggebliebene Ehepartner als Alleinerbe. Im Großen und Ganzen gilt, dass die Kinder, erst nachdem der letzte Elternteil stirbt, von der testamentarischen Erbreihenfolge betroffen sind. Diese Erbreihenfolge wird als Berliner Testament bezeichnet.
Im Falle, dass kein Testament vorhanden ist, bilden der länger lebende Ehepartner und dessen Kinder eine Erbgemeinschaft, sodass Sie sozusagen gemeinsam für die möglichen Schulden des Verstorbenen haften.
Was passiert mit den Schulden, wenn ein Erbe ausgeschlagen wird?
Wenn ein Erbe ausgeschlagen wird, geht die Erbschaft auf die nächste Person in der Erbreihenfolge über. Die gesetzliche Erbreihenfolge in Deutschland ist in 3 unterschiedliche Gruppe bzw. Ordnungen aufgeteilt:
- Die erste Gruppe bilden der Ehepartner, die Kinder und ggf. die Enkelkinder.
- Die zweite Gruppe bilden die Eltern und die eigenen Geschwister sowie ggf. Neffen und Nichten.
- Die dritte Gruppe bilden die Großeltern sowie Tanten, Onkel und andere Verwandte.
Falls alle Erbberechtigten aufgrund angehäufter Schulden das Erbe ausschlagen, landet es schließlich beim Staat.