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Schulden erben: Das sind Ihre Möglichkeiten

Das Wichtigste im Überblick

  • Wenn Sie Schulden erben, sollten Sie sich erstmal ein besseres Bild über die Vermögensverhältnisse verschaffen.
  • Sie haben die Möglichkeit, das Erbe innerhalb von 6 Wochen auszuschlagen oder eine Nachlassverwaltung zu beantragen.
  • Wer das Erbe ausschlägt, der erbt nichts. Wenn Sie das Erbe antreten, dann erben Sie alles.

Kann man Schulden erben?

In Deutschland werden jedes Jahr riesige Geldsummen vererbt, wodurch die Existenz vieler Familien gesichert wird. Laut Zahlen des Statistischen Bundesamtes waren es im Jahr 2022 sogar 101,4 Milliarden Euro.

Was für viele Menschen trotz der Trauer um den Angehörigen ein finanzieller Segen ist, kann sich für einige als Sorge entpuppen.

Denn: Wie sieht es aus, wenn die Hinterbliebenen Schulden erben – und ist das überhaupt möglich?

Ja, grundsätzlich ist es so, dass der Verstorbene neben dem Vermögen auch die Schulden vererbt. Es besteht jedoch keine Pflicht, das Erbe anzutreten.

Die Erbschulden werden im juristischen Jargon übrigens auch Nachlassverbindlichkeiten genannt und übertragen sich immer auf die nächste Person in der Erbreihenfolge.

Dieser hat bei einer Überschuldung des Nachlasses die Möglichkeit, das Erbe auszuschlagen, also das Erbe abzulehnen, wofür sechs Wochen Zeit sind. Alternativ lässt sich mit einer Nachlassverwaltung die Haftung begrenzen.

Das kann in vielen Situationen, die wir in diesem Beitrag erläutern, sinnvoll sein. Wer sich jedoch dazu entscheidet, zu erben, der erbt alles.

Welche Schulden sind nicht vererbbar

Die Erben stellen sich möglicherweise die Frage danach, ob es gewisse Schulden gibt, die nicht vererbbar sind. Leider sind grundsätzlich alle Schulden des Verstorbenen Teil der Erbschaft.

Diese setzen sich aus zwei verschiedenen Kostenpunkten zusammen:

Erblasserschulden

Dazu gehören Verbindlichkeiten, die zu Lebzeiten angefallen sind. Das sind zum Beispiel Steuerschulden, Schadensersatzansprüche, Verpflichtungen aus Kauf- und Mietverträgen sowie Kredite. Das Darlehen erlischt im Todesfall somit nicht.

Erbfallschulden

Das sind Kosten, die nach dem Tod des Verstorbenen anfallen. Dazu gehören zum Beispiel die Kosten der Beerdigung, Auflagen, die Erbschaftssteuer sowie Kosten, die eventuell anfallen.

Es besteht für Erben nicht die Möglichkeit einer gezielten Erbausschlagung oder auf gewisse Schulden zu verzichten. Somit sind alle Schulden vererbbar.

Wer das Erbe ausschlägt, schlägt alle Schulden aus. Wer sich für ein Erbe entscheidet, der erbt den gesamten Nachlass mit sämtlichen Schulden des Verstorbenen.

Schulden erben: Welche Möglichkeiten haben Hinterbliebene?

Wenn Sie Schulden erben, haben Sie glücklicherweise Handlungsspielraum. So sind Sie nicht gezwungen, das Erbe anzunehmen. Wir präsentieren die Möglichkeiten im Überblick.

Was muss man zuerst tun?

Neben der Schmerzbewältigung, die aufgrund des Verlustes eines Ehepartners oder der Eltern ansteht, sollten Sie schnellstmöglich handeln. Als Erbe übertragen sich nämlich die Rechte und Pflichten des Verstorbenen auf Sie.

Es bleiben Ihnen sechs Wochen Zeit, um eine Entscheidung zu treffen, ob Sie das Erbe ausschlagen oder nicht. Nach Ablauf der Frist gilt das Erbe automatisch als angenommen.

Deshalb sollten Sie sich in erster Linie ein besseres Bild über den Nachlass verschaffen, indem Sie sämtliche Konten des Verstorbenen prüfen. Dafür müssen Sie eine Sterbeurkunde sowie ein Stammbuch vorlegen.

Außerdem sollten Sie auch die Unterlagen sowie Verträge des Verstorbenen unter die Lupe nehmen und sich in verschiedenen Ämtern Auskunft einholen.

Vergleichen Sie das Vermögen des Verstorbenen mit den Schulden und treffen Sie anschließend eine Entscheidung. Der Staat hilft Ihnen nicht bei der Aufklärung der Vermögensverhältnisse, wodurch die Rechnung unvollständig sein kann.

Wenn Sie juristische Hilfe benötigen, sollten Sie diese umso schneller in Anspruch nehmen, damit Sie, wie bereits gesagt, innerhalb von sechs Wochen eine Entscheidung treffen können.

Erbe ausschlagen

Wenn die Hinterlassenschaften des Verstorbenen hauptsächlich aus Schulden bestehen, lohnt es sich, das Erbe auszuschlagen.

Sie haben ab dem Zeitpunkt, an dem Sie von der Erbschaft erfahren haben, sechs Wochen Zeit, um das Erbe auszuschlagen – andernfalls wird das Erbe als angenommen betrachtet.

Es ist nur in den seltensten Fällen möglich, das Erbe nachträglich auszuschlagen.

Es muss eine ausdrückliche Erklärung der Erbausschlagung erfolgen. Entweder im Amtsgericht, in dem der Verstorbene seinen letzten Wohnsitz hatte, oder im Amtsgericht, wo Sie als Erbe Ihren Wohnsitz haben.

Die schriftliche Erklärung muss von Ihnen unterschrieben und von einem Notar beglaubigt werden.

Wenn Sie also wissen, dass Ihnen Schulden vererbt worden sind, sollten Sie schnellstmöglich handeln, damit Sie nicht mit Ihrem Vermögen für die Schulden der verstorbenen Person haften.

Sie sollten sich außerdem darüber im Klaren sein, dass Sie mit der Ausschlagung des Erbes auf alle Hinterlassenschaften verzichten. Nur in bestimmten Situationen ist es möglich, die Erbausschlagung rückgängig zu machen.

Für die Erbausschlagung fällt eine Pauschalgebühr in Höhe von 30,- EUR an. Im Folgenden finden Sie ein Muster, das Sie lediglich ausfüllen, unterschreiben und zum Notar bringen müssen.

Nachdem Sie das Erbe ausgeschlagen haben, geht das Erbe an den nächsten in der Reihenfolge weiter, bis schließlich der Staat die Schulden erbt.

Bei einer gesetzlichen Erbreihenfolge erhalten die Hinterbliebenen übrigens keine Benachrichtigung darüber, dass jemand Erbe geworden ist.

Lediglich wenn ein Testament oder Erbvertrag besteht, erhalten die entsprechenden Personen eine Benachrichtigung.

Nachlassverwaltung

In vielen Fällen ist der Nachlass sehr unübersichtlich und Sie haben gar keine Vorstellung davon, wie hoch die Schulden und das Vermögen sind.

Das kann insbesondere der Fall sein, wenn Sie zu der verstorbenen Person kein enges Verhältnis gepflegt haben.

Das Risiko besteht, dass die geerbten Schulden das vererbte Vermögen übersteigen und Sie mit Ihrem eigenen Geld haften müssen.

In solch einer Situation lohnt es sich, beim Nachlassgericht eine sogenannte Nachlassverwaltung zu beantragen, die dazu führt, dass Sie nicht mehr mit Ihrem Privatvermögen haften.

Das Gericht setzt dann einen Nachlassverwalter ein, der alle Schulden des Verstorbenen mit dem Geld, das vorhanden ist, bezahlt.

Wenn die Schulden das hinterlassene Vermögen übersteigen, müssen Sie nicht mit Ihrem Vermögen aufkommen – es wird ein Nachlassinsolvenzverfahren eingeleitet, mit dem Sie nichts mehr zu tun haben.

Sollte nach der Zahlung aller Schulden Geld übrig bleiben, wird Ihnen dieses ausgezahlt.

Der Nachlassverwalter lässt sich zwar etwas kosten (pauschal lässt sich hier kein Preis nennen), bietet aber Sicherheit sowie die Chance, doch noch an Geld zu gelangen.

Sie können die Nachlassverwaltung sogar noch zwei Jahre nach Eintritt der Erbschaft einleiten.

Dürftigkeitseinrede

Eine weitere Möglichkeit der Haftungsbeschränkung ist die Dürftigkeitseinrede laut §1990 BGB. Von der Dürftigkeitseinrede können Sie nicht nur Gebrauch machen, wenn der Nachlass überschuldet ist.

Somit darf der Erbe die Einrede erheben, wenn der Nachlass nicht die Kosten eines Nachlassverfahrens decken kann.

Der Erbe muss begründen, dass der Nachlass nicht ausreicht und steht in der Beweispflicht. Die Einrede muss jedem Gläubiger direkt gestellt und im Prozess erklärt werden. Für die Ausübung ist keine gesetzliche Frist vorgesehen.

Mit der Einrede wird verhindert, dass der Gläubiger auf das private Vermögen des Erben zugreifen kann, um seine Ansprüche zu befriedigen.

Wann lohnt es sich mehr, das Erbe auszuschlagen?

Eine Entscheidung darüber, ob Sie das Erbe antreten oder nicht, sollte immer gut fundiert sein.

Da Sie nur sechs Wochen haben, um eine Entscheidung zu treffen, sollten Sie sich schnellstmöglich einen Überblick über die Vermögensverhältnisse verschaffen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Sie unwissentlich Schulden erben.

In folgenden Situationen lohnt es sich mehr, das Erbe abzulehnen:

  • Sie erben Schulden

    Prüfen Sie die Konten des Verstorbenen und erkundigen Sie sich bei Ämtern nach der Lage.

    Wenn ausschließlich Schulden hinterlassen werden, ist die logische Konsequenz, das Erbe nicht anzunehmen. Ansonsten droht Ihnen der finanzielle Ruin.
  • Sie sind bereits überschuldet oder insolvent

    Wenn Sie bereits insolvent sind oder dabei sind, finanzielle Rückstände abzubauen, sollten Sie vermeiden, weitere Schulden zu machen.

    Wenn das Erbe Ihnen nicht ermöglicht, die eigenen Schulden loszuwerden, sollten Sie auch in dieser Situation besser das Erbe ausschlagen.
  • Sie erben eine sanierungsbedürftige Immobilie

    Ein sanierungsbedürftiges Haus kann sich als Kostenfalle erweisen. Besteht der Bedarf einer Modernisierung, können auf den Erben sehr hohe Kosten zukommen.

    Wenn Sie selbst nicht einziehen möchten, das Haus nicht zu vermieten oder zu verkaufen ist, sollten Sie auch hier mit dem Gedanken spielen, das Erbe nicht anzutreten.

Das müssen Sie beachten, wenn Sie Schulden erben

Der Tod eines Familienmitglieds ist für viele Menschen die schlimmste Nachricht, die man erhalten kann.

Zu erfahren, dass man womöglich auf den Schulden des Ehepartners oder der Eltern nach dem Tod sitzen bleibt, verursacht zusätzlich Stress.

Die gute Nachricht: Es bleiben Ihnen 6 Wochen Zeit, um das Erbe auszuschlagen. Hier sind einige Dinge, die Sie beachten müssen:

Beantragung des Erbscheins vermeiden

Sie sollten den Nachlass überprüfen, indem Sie einen Blick auf die Kontoauszüge des Verstorbenen werfen.

Vielleicht sieht die finanzielle Situation ja doch besser aus als gedacht. Einige Banken fordern für die Einsicht in das Konto einen Erbschein.

Wenn Sie mit dem Gedanken spielen, das Erbe auszuschlagen, sollten Sie auf keinen Fall einen Erbschein beantragen, da das Erbe sonst als angenommen gilt!

Laut eines Urteils des BGH besteht keine grundsätzliche Pflicht zur Vorlage eines Erbscheins. Ein Erbvertrag oder ein beglaubigtes Testament reichen auch aus.

Wenn Sie Zweifel haben, raten wir Ihnen, sich an einen Fachanwalt für Erbrecht zu wenden, der Ihnen in dieser Angelegenheit helfen wird.

Nachlassverzeichnis erstellen

Erstellen Sie ein Nachlassverzeichnis, also einen Überblick aller Hinterlassenschaften. Nur so sind Sie in der Lage zu ermitteln, ob es sich lohnt, das Erbe anzutreten oder ob Sie am Ende nur Schulden erben.

Stellen Sie das Vermögen des Verstorbenen den Schulden gegenüber. Zum Vermögen gehören neben dem Guthaben auf der Bank auch Wertpapiere, jegliche Gegenstände mit Wert (Kunst, Technik, Einrichtung, Fahrzeuge), Immobilien sowie offene Ansprüche.

Zu den Schulden gehören:

  • Kredite,
  • die Kosten der Bestattung,
  • Steuerschulden
  • sowie alle sonstigen Schulden, die zu Lebzeiten angehäuft wurden.

Häufig gestellte Fragen rund um das Thema Erben & Schulden

Kann man die Erbausschlagung rückgängig machen?

Es kann dazu kommen, dass Sie das Erbe ausgeschlagen haben und sich in der Zwischenzeit herausgestellt hat, dass der Nachlass doch wertvoller als gedacht ist.

Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, die Erbausschlagung rückgängig zu machen. Dafür müssen Sie sich schriftlich an das Nachlassgericht wenden und die Ausschlagung anfechten.

Die Grenzen sind sehr schwammig und so ist es schwer zu sagen, ob es in Ihrer Situation möglich ist, eine Erbausschlagung rückgängig zu machen.

Wenn Sie den Wert der Hinterlassenschaften irrtümlich berechnet haben, obwohl Sie eine sichere Grundlage zur Berechnung hatten, stehen Ihre Chancen eher schlecht.

Wenn Sie nachträglich Informationen zu den Hinterlassenschaften erhalten haben, die darin resultieren, dass Sie die Entscheidung auf unsicherer Grundlage getroffen haben, stehen Ihre Chancen bereits besser. Besonders bei hohen Geldbeträgen sollte Ihnen ein Fachanwalt mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Was passiert mit Schulden, wenn man stirbt?

Wenn man stirbt, dann übertragen sich die Schulden auf die nächste Person in der Erbreihenfolge. Das sind in der Regel der hinterbliebene Ehepartner oder die Nachkommen des Verstorbenen – es sei denn, es gibt ein Testament, das die Erbreihenfolge anderweitig bestimmt.

Neben dem Vermögen ist es also möglich, auch die Schulden zu erben. Es besteht jedoch die Möglichkeit, das Erbe auszuschlagen. Dafür haben Sie 6 Wochen Zeit.

Das bedeutet, dass Sie auf das Erbe verzichten und der Nachlass an die nächste Person in der Erbreihenfolge übergeht, bis der Staat die Schulden erbt.

Wer sich entscheidet, zu erben, der erbt alles. Wer das Erbe ablehnt, lehnt alles ab. Es besteht nicht die Möglichkeit, das Erbe nur teilweise anzutreten.

Wie erfahre ich, ob das Erbe überschuldet ist?

Vor der Annahme oder Ausschlagung des Erbes sollten Sie sich einen besseren Überblick über den Nachlass verschaffen. Selbst wenn ein Testament besteht, sollten Sie recherchieren, um nicht zu riskieren, dass Sie unwissentlich Schulden erben.

In erster Linie sollten Sie daher einen Blick auf die Kontoauszüge werfen und prüfen, ob Schulden vorhanden sind. Gegebenenfalls sollten Sie auch mit anderen Verwandten in Kontakt treten, um Fragen zu klären.

Da es womöglich um viel Geld geht, lohnt es sich, einen Fachanwalt für Erbrecht zu engagieren. Dieser hilft Ihnen dabei, vom erbrechtlichen Auskunftsanspruch Gebrauch zu machen und weiß genau, welche Vorgehensweise für die aktuelle Situation richtig ist.

Anschließend sollten Sie das Vermögen des Verstorbenen den Schulden gegenüberstellen, um zu ermitteln, ob das Erbe überschuldet ist.

Wer muss das Erbe ausschlagen?

Laut Bürgerlichem Gesetzbuch ist der berufene Erbe derjenige, der dazu verpflichtet ist, das Erbe bei Schulden auszuschlagen. Wer Erbe ist, ergibt sich entweder aus der gesetzlichen Erbfolge oder aus dem Testament des Verstorbenen.

Häufig sind entweder die überlebenden Ehegatten oder die Kinder Erben erster Ordnung. Wenn diese sich dazu entscheiden, das Erbe auszuschlagen, übertragen sich die Schulden an die nächste Person in der Erbfolge. Wenn sich am Ende keiner findet, der das Erbe annimmt, dann erbt schließlich der Staat.

Gut zu wissen: Wenn minderjährige Kinder durch die Erbausschlagung der Eltern betroffen sind, dann sollten die Eltern beim Notar direkt einen Antrag auf Ausschlagung für ihren Nachwuchs stellen.

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Sven Wilke ist Chief Operating Officer von Financer Deutschland und seit 2019 für das internationale Online-Vergleichsportal tätig. Während seiner Beschäftigung bei Financer konnte er mehrere Millionen Klicks generieren und hat mehr als 100 Gastbeiträge für Wirtschaftszeitungen sowie Finanzmagazine verfasst. Der Schwerpunkt seiner Expertise liegt im Bereich Kredite, Verbraucherschutz sowie wirtschaftspolitische Themen.

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